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AKTUELLE RECHTSPRECHUNG IM BEREICH DER WOHNGEBÄUDEVERSICHERUNG: IST „HANGKRIECHEN“ BEREITS EIN ERDRUTSCH?

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In den letzten Jahren ist das Thema Hangrutschungen und ihre Auswirkungen auf Wohngebäude immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob Hangkriechen bereits als Erdrutsch anzusehen ist und damit von der Wohngebäudeversicherung abgedeckt wird. In diesem Artikel soll die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema näher betrachtet werden.

Grundsätzlich sind Erdrutsche als Gefahrenereignisse in der Wohngebäudeversicherung abgedeckt. Allerdings stellt sich die Frage, ob auch Hangkriechen darunterfällt. Hierbei handelt es sich um einen langsamen und schleichenden Prozess, bei dem sich der Boden allmählich bewegt und somit das umgebende Gelände absinkt. Im Gegensatz dazu tritt ein Erdrutsch plötzlich und mit einer hohen Geschwindigkeit auf.

In der Vergangenheit war es in vielen Fällen umstritten, ob Hangkriechen bereits als Erdrutsch im Sinne der Wohngebäudeversicherung anzusehen ist. Insbesondere die Versicherungsunternehmen waren oft der Ansicht, dass Hangkriechen von der Versicherung ausgeschlossen ist.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 26. Januar 2022 (IV ZR 62/22) hier Klarheit geschaffen. In dem konkreten Fall hatte ein Versicherungsnehmer geklagt, da seine Wohngebäudeversicherung keine Leistungen erbrachte, nachdem es aufgrund von Hangkriechen zu Schäden an seinem Haus gekommen war.

Der BGH entschied, dass Hangkriechen durchaus als Erdrutsch im Sinne der Wohngebäudeversicherung anzusehen ist. Entscheidend sei dabei, dass Hangkriechen als eine Erscheinungsform eines Erdrutsches anzusehen ist, da es sich hierbei um einen langsam fortschreitenden Vorgang handelt, der die gleichen Gefahren wie ein plötzlicher Erdrutsch aufweist.

Somit haben Versicherungsnehmer bei Schäden, die durch Hangkriechen verursacht wurden, Anspruch auf Leistungen aus ihrer Wohngebäudeversicherung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob tatsächlich ein Versicherungsfall vorliegt und inwieweit die Versicherungssumme ausreicht, um den Schaden zu decken.

In der Regel wird hierbei eine Prüfung durch den Versicherer erfolgen, um zu klären, ob das betroffene Grundstück von einem erhöhten Risiko betroffen ist und ob besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Versicherungsbranche auf das Urteil des BGH reagieren wird und ob sich die Bedingungen von Wohngebäudeversicherungen in Zukunft ändern werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Urteil Auswirkungen auf die Beurteilung von Schäden aufgrund von Hangkriechen haben wird.

Fazit:
Das BGH-Urteil vom Januar 2022 hat Klarheit geschaffen und bestätigt, dass Hangkriechen durchaus als Erdrutsch im Sinne der Wohngebäudeversicherung anzusehen ist. Versicherungsnehmer haben somit bei Schäden, die durch Hangkriechen verursacht wurden, Anspruch auf Leistungen aus ihrer Wohngebäudeversicherung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob tatsächlich ein Versicherungsfall vorliegt und inwieweit die Versicherungssumme ausreicht, um den Schaden zu decken. Versicherungsnehmer sollten sich bei Fragen und Problemen von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten lassen. Zudem sind spezialisierte Versicherungsmakler Hauseigentümern bei der Ermittlung des konkreten Versicherungsbedarfs und der Platzierung der Verträge im Versicherungsmarkt behilflich.

Carsten Wiegel
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