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Manager müssen sich vertei­di­gen können

Das Oberlan­des­ge­richt München hat vor kurzem mit einem Urteil in der D&O-Versicherungsbranche für Aufse­hen gesorgt. Was es damit auf sich hat, erläu­tert Michael Franken, Legal Advisor bei Howden, im Inter­view mit Bocquel News.

Das Urteil des OLG München räumt Versi­che­rern erstmals die Möglich­keit ein, Managern den D&O-Schutz frühzei­tig zu versa­gen, wenn der Verdacht im Raum steht, sie hätten aus Eigen­in­ter­esse dem Unter­neh­men gescha­det. Kein Grund zur Panik, sagt D&O-Experte Michael Franken. Das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gespro­chen – der Bundes­ge­richts­hof prüft die Entscheidung. 

Herr Franken, worum ging es in dem Fall?

Michael Franken: Eine AG warf vier Ex-Managern vor, mehrere Mitar­bei­ter abgewor­ben, geheime Geschäfts­un­ter­la­gen an sich genom­men und der Konkur­renz zugäng­lich gemacht zu haben. Das Unter­neh­men wollte von der D&O-Versicherung – es ging immer­hin um einen Streit­wert von 800.000 Euro – vor dem Oberlan­des­ge­richt München den Schaden ersetzt bekom­men. Die Richter wiesen die Klage aller­dings ab, mit dem Argument, dass Tätig­kei­ten versi­cher­ter Perso­nen, die mit dem Vorwurf bemakelt sind, im Eigen-, aber nicht im Unter­neh­mens­in­ter­esse ausge­übt worden zu sein, nicht versi­chert sind.

Moment mal, wer entschei­det beim D&O-Versicherungsschutz, ob ein Manager im Eigen- oder Unter­neh­mens­in­ter­esse gehan­delt hat?

Michael Franken: Weil diese Frage den Schutz­be­reich des Versi­che­rungs­ver­trags betrifft, entschei­det das der D&O-Versicherer. Das Urteil des OLG München räumt den Versi­che­rern die Möglich­keit ein, den Versi­che­rungs­schutz frühzei­tig zu versa­gen, wenn sie bloß Eigen­in­ter­esse vermuten.

Wenn Manager ihrem Unter­neh­men gezielt Schaden zufügen, indem sie hinter­rücks Mitar­bei­ter für die Gründung eines Konkur­renz­un­ter­neh­mens abwer­ben oder in die eigene Tasche wirtschaf­ten, sagt einem schon der normale Rechts­in­stinkt, dass sie dafür nicht noch belohnt werden dürfen …

Michael Franken: … Das mag sein. Aller­dings geht es bei allem Rechts­in­stinkt nicht an, dass allein der Vorwurf, im Eigen­in­ter­esse gehan­delt zu haben, schon ausrei­chen soll, den Versi­che­rungs­schutz zu verlie­ren. Denn die Manager hatten noch nicht einmal die Chance, sich in einem gericht­li­chen, also rechts­staat­li­chen Verfah­ren gegen den Vorwurf zur Wehr zu setzen. Letzt­lich ist hier eine Gretchen­frage des Versi­che­rungs­schut­zes angespro­chen: Die Funktion der D&O-Versicherung würde ausge­höhlt, wenn im Versi­che­rungs­fall der Versi­che­rer sich mit Vorver­ur­tei­lun­gen seiner Leistungs­pflicht entzie­hen kann.

Die D&O-Versicherung kennt doch auch andere Ausschlüsse. Der Versi­che­rungs­schutz entfällt ja auch dann, wenn ein Manager bewusst gegen Gesetze, Verord­nun­gen oder Satzun­gen versto­ßen und so vorsätz­lich eine Pflicht­ver­let­zung began­gen hat. Ist das nicht das Gleiche?

Michael Franken: Ein gutes Beispiel. Moderne D&O-Versicherungen bieten auch und gerade dann Versi­che­rungs­schutz, zumin­dest für die Abwehr von behaup­te­ten Haftpflicht­an­sprü­chen bis durch Gerichte rechts­kräf­tig festge­stellt wurde, dass ein Manager direkt vorsätz­lich seine Pflich­ten verletzt hat. Es gibt also in der Mecha­nik des Versi­che­rungs­schut­zes die Pflicht des D&O-Versicherers, bis zur Entschei­dung der Gerichte über eine mögli­che Leistungs­ver­wei­ge­rung den vertrag­li­chen Versi­che­rungs­schutz zu erbrin­gen. Deshalb besteht auch keiner­lei Anlass dafür, von diesem System abzuweichen.

Das OLG München hat also unrecht?

Michael Franken: Das OLG München hat zumin­dest überse­hen, dass die D&O-Versicherung solche Konflikt­me­cha­nis­men bereit hält. Die Richter haben mit ihrer Forde­rung, dass kein Versi­che­rungs­schutz für angeb­lich „gelegent­li­che Tätig­kei­ten“ besteht oder für Handlun­gen, die im mutmaß­li­chen Eigen­in­ter­esse standen, im Grunde durch eine zweifel­hafte Ausle­gung ein neues Tatbe­stands­merk­mal geschaf­fen, für das es versi­che­rungs­recht­lich gesehen keinen Bedarf gibt und das mit der ausge­wo­ge­nen Balance in der D&O-Versicherung nicht zu verein­ba­ren ist.

Welche Konse­quen­zen hat das Urteil für versi­cherte Unter­neh­men und Manager?

Michael Franken: Das Urteil hat eine gewisse Signal­wir­kung in der Versi­che­rungs­wirt­schaft erzielt. Versi­che­rer könnten sich ermutigt fühlen bei dem Verdacht des Eigen­in­ter­es­ses den Versi­che­rungs­schutz zu versa­gen und damit den rechts­schutz­su­chen­den Manager in einer existenz­be­dro­hen­den Krise allein zu lassen.

Und wie geht es jetzt weiter?

Michael Franken: Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig und liegt zurzeit zur Prüfung beim Bundes­ge­richts­hof. Das letzte Wort in dieser Sache ist also noch nicht gespro­chen. Am Ende werden wir in der D&O-Versicherung zu einem Rechts­ver­ständ­nis zurück­fin­den, dass jeder Manager Anspruch auf D&O-Versicherungsschutz hat, wenn er sich gegen den Vorwurf vertei­di­gen muss, er könnte sich selbst berei­chert oder gegen die Inter­es­sen seines Unter­neh­mens gehan­delt haben.

Quelle: Bocquel News
Veröf­fent­licht am: 15. März 2018
Link zum Bocquel News Interview

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